Studie zu Bildungssystemen und migrationsspezifischer Bildungsungleichheit
Kinder von Migrant*innen haben es in der Schule oft schwer – auch in Deutschland. Das ist nicht in allen westlichen Ländern so. Woran das liegt, will der Soziologe Prof. Dr. Reinhard Schunck von der Bergischen Universität Wuppertal gemeinsam mit Prof. Dr. Janna Teltemann von der Universität Hildesheim herausfinden. Dafür analysiert er in einem groß angelegten internationalen Vergleich die Schulleistungsstudien PISA, TIMSS und PIRLS von 1995 bis 2018. Das Projekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) über eine Laufzeit von drei Jahren mit rund 450.000 Euro gefördert.
In den meisten westlichen Ländern sind in den vergangenen Jahrzehnten die Bevölkerungsanteile mit Migrationshintergrund stark gewachsen. Diese Länder stehen vor der Herausforderung, Zugewanderte und ihre Kinder langfristig in die Gesellschaft zu integrieren. Eine wichtige Voraussetzung für die gesellschaftliche Integration ist eine erfolgreiche Bildungsteilhabe im Aufnahmeland. Oftmals zeigen sich jedoch deutliche Unterschiede zwischen Schüler*innen mit und ohne Migrationshintergrund im Hinblick auf den Kompetenzerwerb und den Bildungserfolg. Allerdings schneiden Schüler*innen mit Migrationshintergrund keineswegs in allen Ländern schlechter ab.
„Dies kann mitunter daran liegen, dass sich die Zuwander*innengruppen in den verschiedenen Ländern unterscheiden. Allerdings zeigen bisherige Untersuchungen, dass die Unterschiede in der Kompetenzentwicklung und im Bildungserfolg nicht gänzlich durch individuelle Faktoren wie die Herkunft, den Sprachgebrauch zu Hause oder die Ausstattung mit bildungsrelevanten Ressourcen erklärt werden können“, erklärt Prof. Dr. Reinhard Schunck. Ein naheliegender Ansatzpunkt sei daher, zu untersuchen, inwieweit Eigenschaften der unterschiedlichen Bildungssysteme die Kompetenzentwicklung von Schüler*innen mit und ohne Migrationshintergrund beeinflussen.
„Eine besondere Herausforderung liegt darin, die verschiedenen Schulleistungsstudien so aufzubereiten, dass sie über den gesamten Zeitraum vergleichend analysiert werden können“, sagt Reinhard Schunck, „denn die Schulleistungsstudien sind in erster Linie dafür gemacht, die teilnehmenden Länder über die Kompetenzentwicklung und den Lernerfolg ihrer Schüler*innen zu informieren. Es bedarf daher umfangreicher Vorbereitungen, bis die Daten in einer Form vorliegen, die es erlaubt, die für das Projekt notwendigen Analysen durchzuführen.“
Schließlich soll das Projekt klären, wann sich Kompetenzunterschiede zwischen Schüler*innen mit und ohne Migrationsgeschichte im Bildungsverlauf entwickeln. Auch hier nimmt das Projekt die Bedeutung des Bildungssystems in den Fokus und untersucht, welche Eigenschaften des Bildungssystems solche Unterschiede reduzieren können. „Die Frage danach, wann Kompetenzungleichheiten entstehen, ist zentral”, so Schunck, „denn nur wenn wir darauf eine Antwort finden, lassen sich Überlegungen anstellen, wie systematische Kompetenzungleichheiten zwischen Gruppen reduziert oder sogar vermieden werden können.“